University of Bremen


 

Projektpartnerschaften der Hochschulkooperation zwischen Deutschland, Russland und Frankreich seit 2000
 


 


"Transformation von Strukturen und Identitäten europäischer Gesellschaften"


 Projektjahr 2002/03  

(01.06.2002 - 28.02.2003)

Vorbemerkung und Danksagung

Der nachfolgende Bericht fasst die Ergebnisse unserer Projektpartnerschaft mit zwei Moskauer Partner-Hochschulen sowie mit der der Univ. Paris VIII zusammen, welche im Juni 2002 zum Themenbereich „Transformationen und Identitäten in den Gesellschaften Europas“ begonnen und für 2003 verlängert wurde. Der Berichtszeitraum bezieht sich demnach auf den ersten Projektabschnitt während der Periode vom 1.6. 2002 – 28.2.2003.

Die Projektpartnerschaft hat bei einer Reihe von Anfangsschwierigkeiten in der Aufbauphase eine erfolgreiche Entwicklung genommen, welche nun in der zweiten Phase zu konsolidieren ist. Diese Entwicklung ist zum Grossteil durch die Finanzierung durch den DAAD ermöglicht worden. Als Projektverantwortliche möchte ich hierfür dem DAAD meinen Dank aussprechen.

1. Projektbericht

Förderung deutscher Hochschulwissenschaftler an den russischen Partnerhochschulen

Aufgrund der Kurzfristigkeit der Bewilligung des Trilateralprojektes war es für die daran seitens der Universität Bremen beteiligten Wissenschaftler nicht mehr möglich, ihre bereits erfolgten Lehrdeputatsfestlegungen sowie Planungen für das Wintersemester 2002-3 kurzfristig umzudisponieren.

Eine Ausnahme war der Besuch der Projektkoordinatorin vom 15.-26. September 2002 an den drei Partnerhochschulen in Moskau (RGGU und PFUR) und St. Petersburg. Über ca. 10 Koordinierungstreffen mit russischen Partnern und Treffen mit Studenten hinaus hielt ich in diesem Zeitraum ebenfalls zwei Vorträge in politikwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen an der PFUR/Moskau, und ich leitete am St. Petersburger Institut für Europastudien eine wissenschaftliche Diskussion mit Hochschullehrern und Studierenden zu Fragen des Verhältnisses RF-EU, insbesondere das Problem Kaliningrads in der Perspektive der EU-Osterweiterung.

Förderung von russischen Hochschulwissenschaftlern in Deutschland

Im Berichtszeitraum besuchten insgesamt fünf russische Hochschullehrer der beiden Moskauer Partneruniversitäten (PFUR und RGGU), aus verschiedenen Disziplinen (Politikwissenschaft, Internationale Beziehungen, Philosophie, Kulturwissenschaften) die Universität Bremen für längere oder kürzere Perioden. Gastaufenthalte von russischen Wirtschaftswissenschaftlern waren im Rahmen des Projektes zunächst vorgesehen, liessen sich aber aus verschiedenen Gründen nicht realisieren.

Der Aufenthalt der  fünf russischen Kollegen in Bremen wurde vor allem für vier Zwecke genutzt:

Alle fünf Gastwissenschaftler wurden – jeweils unter der Betreuung eines Bremer Kollegen - in den regulären Lehrveranstaltungsbetrieb, insbesondere der Politik­wissen­schaft und der Kulturgeschichte Ost-/Ostmitteleuropas, aber auch der Philosophie integriert; sie gestalteten Lehrveranstaltungen selber oder kooperierten mit dem Veranstalter;

Die fünf Gastwissenschaftler beteiligten sich an dem „Trilateralen Kolloquium“, das im Wintersemester einmal wöchentlich an der Universität Bremen - Forschungsstelle Osteuropa oder Jean Monnet Centre for European Studies – stattfand. Dieses diente als interdisziplinäres Forum zur Diskussion individueller Forschungsvorhaben russischer und deutscher Wissenschaftler zum Themenbereich des Trilateralprojektes. Die Vorträge und Diskussionen wurden mit Video aufgezeichnet und liegen  größtenteils auch in schriftlicher Form vor. Es ist geplant, diese Beiträge zur Grundlage der geplanten Erstellung gemeinsamer Lehrmaterialien zu machen.

Die Gastwissenschaftler nahmen Kontakt mit den Bremer Studierenden auf, die erstmalig einen Studienaufenthalt in Moskau planten, und halfen ihnen bei der  Orientierung und Vorbereitung;

Vor allem diente der Aufenthalt der fünf Gastwissenschaftler dem Zweck, die Unterschiede und möglichen Komplementaritäten der unterschiedlichen curricularen Strukturen und Ausbildungssysteme in den Politik- und Kulturwissenschaften zu klären und und künftigen Kooperationsperspektiven zu erarbeiten. Schwerpunkte und Ergebnisse dabei waren die folgenden, für die 2. Projektphase 1.3.-31.12.2003 geplante Vorhaben:

An der PFUR zu etablierendes Angebot „Russian Studies“ (einschließlich Sprach-Intensivkurse) für Bremer Studierende der Politikwissenschaft und Kulturgeschichte Osteuropas;

An der RGGU, in Kooperation mit der PFUR zu etablierende „Graduate School  European-Russian Comparative Studies“, erstmalig für Oktober 2003 geplant. Hieran sollen Diplomanden und Doktoranden beider russischer Hochschulen teilnehmen

Erarbeitung  von Unterrichtsmaterialien zum Themenbereich „European Political and Cultural Studies“, in deutscher und russischer Sprache, welche in den entsprechenden neuen Unterrichtsprogrammen, wie sie an der RGGU derzeit (unter der Leitung von G. Michaleva) gerade etabliert werden, und wie sie an der PFUR (unter der Leitung von Y. Pochta) geplant sind,  eingesetzt werden können.

Koordinierungsreisen deutscher Hochschulwissenschaftler nach Russland und Frankreich

Die Reisen der Projektverantwortlichen nach St. Petersburg und Moskau im September 2002 dienten der Auswahl der sowie Kontaktaufnahme und Absprache genauerer Planungen mit den russischen KollegInnen und Studierenden, für die ein Projekt-Aufenthalt in Bremen sinnvoll sein würde. Der Auswahl wurden drei Kriterien zugrunde gelegt:  (1) Möglichkeiten, die Kollegen in laufende Unterrichtsprogramme/Kurse der Politik- und Kulturgeschichte an der Universität Bremen sinnvoll zu integrieren, (2) bei den russischen Partnern vorhandene und erkannte Defizite im Bereich politik- und kulturgeschichtlicher „European Studies“, welche die Projektkooperation mit Bremen beheben helfen könnte (die Universität in St. Petersburg besitzt ein Institut für Europastudien und eine Fülle an Kooperationsbeziehungen mit westeuropäsischen Partner, hat also im Vergleich zu den beiden Moskauer Universitäten unter vergleichbaren Defiziten nicht zu klagen); (3) Sprachkenntnisse.

Die Koordinationsreise an die Universdität Paris VIII Anfang Dezember 2002 – unter Beteiligung der Projektverantwortlichen sowie der Geschäftsführerin des Jean Monnet Centre for European Studies der Universität Bremen - hatte drei Funktionen:

Kennenlernen der Postgraduierten-Ausbildungsprogramme am „Centre d’Analises de Geopolitique“ (Prof. Giblin), zwecks Anbahnung eines Erasmus- Austauschkontraktes für zwei DoktorandInnen in jeder Richtung (wurde für 2003- folgende abgeschlossen);

Auswertung der 2002 erfolgten bi- und trilateralen Kooperationen;

Trilaterale Abstimmung der bilateral geplanten Vorhaben zwischen Paris-Moskau und Bremen-Moskau; Planung gemeinsamer Aktivitäten Paris-Bremen (Besuche Pariser Kollegen in Bremen im SS 2003).

Stipendien für deutsche Diplomanden und Doktoranden an den russischen Partner- hochschulen

Im Berichtszeitraum erhielten zwei Bremer Diplomandinnen der Kulturgeschichte Osteuropas ein zwei- bzw. dreimonatiges Stipendium für einen Aufenthalt an der PFUR (Lenhard) bzw. RGGU (Kuhlmann). Der zunächst geplante Aufenthalt eines Studierenden der Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Petersburg liess sich aufgrund des Ausbleibens eines Einladungsschreibens bedauerlicherweise nicht realisieren. Auch liess sich aufgrund organisatorischer Probleme kein wirtschaftswissenschaftlicher Kontakt zwischen Bremen und der Moskauer Lomonossov Universität herstellen, mit der Paris VIII einen Austausch besitzt.

Daher blieb es bei nur zwei Bremer Stipendiatinnen. Beide konnten ihre Vorhaben - im Zusammenhang mit ihren Abschlussarbeiten bzw. zur Vorbereitung von Promotionen – in Moskau hervorragend verwirklichen, was ihre Berichte (siehe Anhang) verdeutlichen. Freilich waren bei beiden die russischen Sprachvoraussetzungen optimal, was bei Studierenden der Kulturgeschichte Osteuropas eher erwartet werden kann als von Politik-Studierenden.

Um die Zielgruppen von deutschen Studierenden um solche zu erweitern, die noch keine oder nur wenige Grundkenntnisse im Russischen besitzen, und diese in das Austauschprogramm einbeziehen  zu können, wurde für den Fortsetzungszeitraum ein zweites Modell entwickelt: Bedingung für die Vergabe des Stipendiums ist die Teilnahme an einem Einführungs-Intensivsprachkurs Russisch in Bremen im SS 2003; daran schließt sich ein dreimonatiger Sommer-Intensivsprachkurs im Rahmen des „Russian Studies“ Programms an der PFUR an.

Damit hoffen wir, die Zahl der am Austausch sich beteiligenden deutschen Studierenden im
2. Projektabschnitt erhöhen zu können.

Stipendien für russische Diplomanden/Doktoranden in Bremen

Im Zeitraum des ersten Projektabschnitts hielten sich zwei russische Studierende – Daniel Tsernayev/Wirtschaftswissenschaften, und Andrey Kiniakin/Politikwissenschaften – in Bremen für fünf bzw. 4 ½ Monate auf. Beide nahmen an dem vollen Programm deutsch- oder englischsprachiger Lehrveranstaltungen in ihrer Disziplin ausserordentlich erfolgreich teil und erwarben die entsprechenden Leistungsnachweise (siehe ihre Berichte).

Allerdings hat sich nach der Rückkehr der Studierenden herausgestellt, dass diese Leistungsnachweise an ihren Heimatuniversitäten nicht anerkannt werden. Voraussetzung für eine Lösung dieses Problems wäre es, künftig im Bereich bereits bestehender oder geplanter neuer Studienprogramme bzw. Module (etwa „European Studies“) zu gemeinsam definierten und anerkannten Abschlüssen zu gelangen.  Möglichkeiten, die mit den Kollegen an der RGGU und PFUR bereits angesprochen wurden, wären:

Doppeldiplomierungen: im Zuge der fast gleichzeitigen Einführung neuer Bachelor-Programme (Politikwissenschaft, European Studies) sowohl an der Universität Bremen (Herbst 2003) als auch an der RGGU in Moskau sollen Möglichkeiten und Voraussetzungen einer Doppel-Anerkennung dieser Abschlüsse erörtert werden.

Zertifikate: der Trilateralen Kooperation zugute kommt, dass die RGGU ab Sommer 2003 ein Programm "European Studies" in Zusammenarbeit mit der Universität Fribourg (Schweiz) etabliert, welches eine günstige Voraussetzung für die Doppelanerkennung der entsprechenden Abschlüsse bietet. Als direkter Erfolg des 1. Abschnitts der Trilateralen Kooperation ist auch zu werten, dass an der PFUR ebenfalls ein Studienprogramm entwickelt wird, welches sich am Modell des an der Universität Bremens eingerichteten "Program European Studies" am Centre for European Studies orientieren soll. 

Lehrmaterialien: Um eine Annäherung der Studienprogramm-Rahmenbedingungen an unseren drei Hochschulen zu erreichen, sollen im ersten Schritt die Inhalte der Lehrmodule und die Lehrmaterialien „European Studies“ aufeinander abgestimmt werden. Hiere bestehen offensichtliche Desiderate und ein eingestandener Nachholbedarf auf Seiten der russischen Partner.

Trilateral Graduate School European-Russian Comparative Studies“: die von Prof. G. Michaleva (RGGU, in Kooperation mit der PFUR) für Oktober 2003 geplante Doktoranden-Intensivseminar, das von Bremer, Pariser und Moskauer Hochschullehrern gemeinsam unterrichtet werden und an dem ca. 50 russische Doktoranden/Diplomanden teilnehmen sollen, stellt einen wesentlichen Schritt dazu dar, diese strukturellen und inhaltlichen Defizite zu überwinden. Zur Vorbereitung der TeilnehmerInnen werden in Bremen zusammengestellte, umfangreiche Kurs­materialien-Bände mit z.T. noch ins Russische oder Englische zu übersetzenden Syllabi und Texten erstellt, die „nachhaltig“ als Grundlage für die entsprechenden Unterrichts-Module weiterverwendet werden können.

 

2. Zusammenfassung und Ausblick

Die Zwischen- und Endberichte der beiden deutschen und der beiden russischen DiplomandInnen/DokotorandInnen unterstreichen, dass diese ihre Integration in die Gasthochschulen als sehr gut empfanden, dass die Betreuung der Forschungsarbeiten in allen Fällen als optimal gelten kann, dass aber Defizite im Bereich der Anerkennung der erworbenen Studienleistungen überwunden werden müssen.

Der im Rahmen des Trilatprojektes mit der Universität Paris VIII geschlossene Erasmus-Vertrag wird den Austausch weiterentwickeln helfen, ebenso die für 2003 geplanten Austauschaktivitäten, an denen die Profs. W. Kissel,  P. Boulogne und  B. Giblin sich beteiligen wollen.

Die Steigerung der Mobilitaet der deutschen Studierenden und Doktoranden erscheint in dem Maße möglich, wie ein Studienaufenthalt an der Moskauer PFUR auch für Studierende anderer Fächer als der Kulturgeschichte – insbesondere des Fachbereichs Sozialwissen­schaften - attraktiv gemacht werden kann, wie es das von den Kollegen der PFUR angebotene Programm mit "massgeschneiderten" Russisch-Intensivkursen verspricht. Damit können deutsche Studierende der Sozial- und Politikwissenschaften bzw. „European Studies“ mit unzureichenden Russisch-Kenntnissen einbezogen werden.

Beide Moskauer Partnerhochschulen erscheinen motiviert wie auch geeignet , die Kooperation fortzusetzen und zu vertiefen. Die PFUR (1968 gegründet) praktiziert aufgrund ihres traditionell hohen Ausländeranteils besonders innovative und effektive Modelle der Sprachvermittlung, welche an der Universität Bremen vorhandene Schwächen in diesem Bereich ausgleichen können. Dieses neue "Modell" soll mit jüngeren Bremer Studierenden 2003 erprobt werden. Die RGGU ist dagegen für Studierenden und Doktoranden der Kulturgeschichte Osteuropas, die bereits Russisch-Kenntnisse besitzen, aufgrund der dort vorhandenen innovativen humanistischen Forschungsansätze ("oral history" etc.) ausserordentlich lohnend; hier bietet sich eine strukturelle Verzahnung mit dem in Bremen derzeit entwickelten, interdisziplinären MA und Promotionsschwerpunkt "East European and EU Studies" an.

Die trilaterale Webseite muss – um den dreiseitigen Informations- und Kommunikationsfluss zu erleichtern – noch von russischer und französischer Seite ergänzt werden.

Mit der PFUR und RGGU ist für 2003 die Ausarbeitung bilateraler Hochschul- Kooperationsverträge geplant, mit dem Ziel, mittel- und langfristig eine Form des Austauschs und der Kooperation zwischen unseren Universitäten zu institutionalisieren, welche die auf beiden Seiten vorhandenen, unterschiedlichen Ressourcen und Interessen komplementär miteinander verbindet.

Prof. Dr. Ulrike Liebert
Februar 2003

   
go to Home
go to General Activities
go to Students' Reports
go to Professors'/Lecturers' Reports

Autorin: Henrike Mueller

© Universität Bremen - 28359 Bremen Bibliothekstr. 1 - Fon +49 421 2181